„Mitte September wurde in Oldenburg geslamt. Zwei Architekten und eine Berufseinsteigerin trauten sich mit ihren Texten auf die Bühne. Dabei gab es sehr persönliche Einblicke in sehr unterschiedliche Werdegänge. Cora Möller aus Oldenburg ließ ihr Studium und ihren Berufsstart Revue passieren und scheute sich nicht, auch ihr Zweifeln und die dunklen Seiten auszuleuchten.
Sükrü Begic, der bei der abschließenden Abstimmung den größten Applaus erhielt, schaute zurück auf die Flucht mit der Familie aus der Osttürkei, sein Architekturstudium in Hannover, den alltäglichen Rassismus und die Herausforderungen bei der Gründung seines Büros in Leer. Ein toller Text, der diesen Abend verdient gewann.
Für einen weiteren unterhaltsamen Beitrag sorgte Dirk Böttger mit seinem Song „Trusted Architect“ samt Video. Eingerahmt wurde das Programm von einem Slam des Kammerpräsidenten, Robert Marlow, der einen Text seiner Tochter Lucy zur Rolle des Berufsstandes bei der Bekämpfung des Klimawandels vortrug und den zwei professionellen Slams von Annika Blanke aus Oldenurg.“
DBZ 10.2022 Bremen.Niedersachsen S.30
Fotos (Lars Menz, AKNDS): Sükrü Begic, Robert Marlow, Annika Blanke, Cora Möller und Dirk Böttger (v.l.n.r.)
Sinneswandel
Der Kopf ist rund, hält ihn schief
In Gedanken versunken, Wahrnehmung sensitiv
Augen starr, Blick meditativ
Sieht ein Haus im Sandkorn, Raum imaginativ
Ohren gespitzt, Fokussierung exzessiv
Hört Unbekanntes gern, Fremdsprachen attraktiv
Mund geschlossen, Geschmack negativ
Spricht mit sich selbst, Seele interaktiv
Nase juckt, Reibung plakativ
Riecht Erkenntnis, Idee intensiv
Hand zuckt, Handeln hyperaktiv
Nimmt Leben in die Hand, Werkzeug relativ
Man glaubt es sei Intuition, aber alles ist reflexiv
Fang an zu denken, dann erst werde kreativ
Werkzeug: Digital x Tinte auf DINA 3
Abbrecher
Ich ritze, Ich ratze, Ich schlitze und Ich kratze
Nein, ich bin keine Miezekatze
doch sehn ich mich nach einer Tatze
sieh mich an, sehe nichts in meiner hässlichen Fratze
Meine Haut lässt mich blind da stehen in Anbetracht des Ganzen
Es reicht nicht, dass ich mich nur kratze
Ich zerfetze meine Haut, auf dass sie platze
Alles soll raus was die Liebe mal pflanzte
Oh, Schmerz geh nicht weg, bleib hier
Ich weiß, mich zu verlassen, fällt allen so leicht
Dies ist der erste Streich, der zweite Schlag folgt sogleich.
Alles ist vergänglich
doch an das Herzzereissende der Dinge erinnert man sich täglich
als sei dieser Scheiß Moment für ewig
Wie man da steht und leise flucht:
„Verdammt! Wo sind sie nur hin?!“
Wie man in die Hosentachen greift
Wie man sich verzweifelt abtastet und scheinbar sucht
Wie man sich umdreht und auf den Boden schaut
und der Blick doch nichts Erfreuliches verbucht
Die Gestik ist missverständlich und lässt nach Hoffnung bohren
Was man ausspricht tut dies nicht:
„Ich habe sie verloren, meine Gefühle für Dich.“
Der springende Punkt
Ich bin ein Punkt und auch nicht viel mehr
stehe nicht gern in geraden Linien oder einem Kreisverkehr
Wie ein laufender Hund im Mäander, streune ich umher
Das klingt zwar sonderbar, aber ich bin gern ein Singular
Weißt nicht was der springende Punkt ist, nicht wahr?
Meine Form ist knapp und daher unscheinbar
Bin in Wahrheit die Grundlage all deiner Art
Doch du nimmst mich nur in der Summe wahr
Du klickst, schreibst und bildest alles ab – Situations-Patscher
Ich warte und beobachte – Ich bin ein Wait-watcher
Ich weiß, ich kann nicht mehr besitzen als ich in mir hab
– Reine Software
Daher bin ich selten traurig und weine nie
– Soft?! Wer?
Verzichte aufs Internet, wer wohntn´ da?!
Ich bin im echten Leben ein multilokal Wohnender
Ein Vorbild für Netzwerke, in der Tat
Aus einzelnen Punkten zeichne ich mein Habitat
Mach einfach mal einen Punkt hier.
Sieh zu wie ich springe und das Leben visualisier
Stehst da, bleibst deiner Linie treu und fragst mich wie?
Ich bin zwar klein, aber das Pünktchen auf dem i
Quarantäne
Rost x Spachtel x Acryl auf Leinwand 50 x 150cm
Formulartor
In dieser Zeit ist alles aus den Fugen geraten
Mensch und Raum sind entzweite Arten
Wer widmet sich der Gestaltung und der Ästhetik
Wer dem Geld, dem wirtschaftlichen Faktor der Ethik
Maschinen, Serie und Schnelligkeit haben es offenbart
Schuld an dieser Misere trägst auch Du – das Formular
Entspreche nur dem dringenden Bedarf
Ein Standardmuster als Raumregler
Massen sind nicht einfach zu begreifen
So viele Fragen und Aufgaben, wie soll man´s sonst ergreifen
Warum stresst Du Dich, hast Du etwa keine Zeit
Mach Dir kein Druck, mein Vordruck hilft Dir dabei
Deine Mutter, die Form, die Dich gebar,
Als Lösung und nicht Problem Dich sah
Dein Schatten beweist es, Du bist ein Narr
Machst Vielfalt schwierig und Einfalt so nah
Beherrschst den Raum mit Bürokratie
Ein Erfassungsvorgang hat die Macht, keine Ironie
Einfach, auch Du kannst es haben, leg an die Zügel
Mach, dass der aufrechte Mensch sich füge
In Form der Quadrate und der Kreise
Leonardo belegte es auf geometrische Weise
Ein Rahmen sorgt für Vollständigkeit
und schützt den Geist vor Mehrdeutigkeit
Da Vinci, Dürer oder Le Corbusier
Verhalten zu vermaßen versteht sich per se
Deine Linien jedoch beschränken die Idee
Dein Rahmen ist als Anmaßung zu verstehen
Wer Deine Textfelder noch sieht wie zuvor
Ist törichter als Du selbst und – ein Formulartor
Du bist ´ne 10
Du warst meine Eins,
Doch nun sehe ich dich als wärst du es nicht.
Wie war es? Du meintest:
„Ich lasse mich nie auf ´ne Nullnummer ein!“
Wie wahr ist? Du meidest:
Eine Null kann ´ne große Nummer sein.
Hab´ die Null nicht ernst genommen:
„Ach, das ist doch nichts!“
Hab´ über die Null gesprochen, als gebe es sie nicht:
„Du Null, du Nichts, du Loch in der Natur!
Nicht positiv, nicht negativ,
was willst du nur?“
Die Null? Das Nichts?
Ach, das ist mir schon zu viel verstehen.
Die Null klebt dir nun am Gesäß,
hätte es niemals geglaubt, doch ich seh’s,
dass die Null ´ne große Nummer ist,
jetzt checke ich wozu sie fähig ist.
i artist
Für unseren Beitrag zum Ideenwettbewerb „Für alle? Innovative Vermittlungskonzepte für Kunst im Stadtraum“ des Kunstvereines „hub:kunst_diskurs“ gab es eine Anerkennung.
i artist – you got art
Die bestehenden Kunstwerke bilden ein digitales Netzwerk und ich werde zum aktiven Zentrum mit unausschöpfbaren Beziehungen via „i artist“ app.
In Anlehnung an das „imaginäre Museum“ von Andre Maulraux Kunst aufzubewahren ohne Wände und gebauten Raum und Umberto Ecos Gedanken in „Die Poetik des offenen Kunstwerkes“ schlägt unser Entwurf ein interaktives und digitales Museum vor, gebaut von Programmieren und nicht von Architekten.
Kunst soll Kunst vermitteln
Kunstwerke bekommen eine „Adresse“ und die Monumente werden zu Hotspots im öffentlichen Raum transformiert. Sie werden jeweils mit einem „art-modem“ ausgestattet und sollen als Kunstquellen neue Kunst vermitteln. Über die Möglichkeit von Upgrades und Downloads wird das „i artist“ zu einem interaktiven und künstlerischen Netzwerk, welches die Kunstwerke und Monumente in den Mittelpunkt rückt. Hintergrundinformationen zum eigentlichen Kunstwerk und dessen Verfasser/in lassen die analoge Welt – das eigentliche Kunstwerk – im Bewusstsein. Ziel ist eine neue Kunstplattform und die gedankliche Verfestigung in der Gesellschaft, dass jedes Kunstwerk eine Quelle für Kunst ist. Es muss klar sein: Sobald ich mich einem Kunstwerk im öffentlichen Raum nähere habe ich die Möglichkeit digitale Informationen abzurufen und meine eigene Meinung und Interaktion am Kunstwerk hochzuladen. „i artist“ lässt sich auf alle Städte und Regionen problemlos übertragen. Ist das Kunstnetzwerk einmal programmiert lässt es sich einfach und schnell mit Kunst füllen.
©Stadtartisten
Gallery Club
Für den Gallery Club in Köln durften wir ein neues Logo entwickeln.
Bei der Gestaltung des grafischen Zeichens sollte die Atmosphäre des Nachtklubs zum Ausdruck gebracht werden. Es sollte ansprechend auf ein Klientel wirken, dass exklusive Feiern zu schätzen weiß.
Die Räumlichkeiten laden ein zur sinnlichen Transformation, die mit dem neuen Logo angedeutet werden.
MHH Labor
Gesundheit/Forschung; Grafikdesign
Im Zuge der Sanierungsarbeiten für das Gebäude 104 der Medizinischen Hochschule Hannover wurden die Räume neu gegliedert, Decken und Fußböden erneuert, die technischen Gebäudeinstallationen ausgetauscht und die Wände erhielten ein neues identitätsstiftendes Design. Im Labor der Sicherheitsstufe S1/S2 sind auf einer Fläche von ca. 700m² diverse Räume für Mitarbeiter und Forschung untergebracht. ©vorrink-wagner architekten
Für die langen 4 x 22m langen Fluren wurde ein individuelles Tapetendesign im Maßstab 1:1 mit dem Motiv eines Moleküls entwickelt.
Bauherr: Medizinische Hochschule Hannover